Eine unbekannte Römerstraße vor dem Limes

Motivation:

  1. Befestigte Römerstraßen vor dem Limes ?
  2. Aufbau der Römerstraßen
  3. Beispiele für weitere Römerstraßen

Betrachtet man den obergermanischen Limes so fällt insbesondere die nördliche Ausbuchtung in der Wetterau auf. Damit war das Gebiet rund um Limburg, Usingen und Weilburg von drei Seiten vom Limes umschlossen. Dieses bestand keinesfalls aus undurchdringlichen Wäldern, sondern war bereits Jahrhunderte vor den Römern bevorzugtes Siedlungsgebiet und von wichtigen Routen wie der Hühnerstraße, dem Rennweg und der Hessenstraßen durchzogen. Eine dieser Strecken soll nun näher betrachtet werden, nämlich die Route, die auf direktem Wege von Wiesbaden nach Butzbach führte.

Römerstraßen und Keltenwege in der Wetterau - Römerbrücke in Bürgel (Karte von Bernhard Schwade).

Römerstraßen und Keltenwege in der Wetterau (eigene Erstellung - Basis war eine Skizze von G. Wolff)

Die Römerstraße kam von Wiesbaden über Niedernhausen und kreuzte beim Kastell Alteburg/Heftrich den Limes. Im weiteren Verlauf verlief sie vor (!) dem Limes über Mauloff, Usingen-Merzhausen, Eschbach, Maibach, Münster, wo sie wieder auf den Limes traf, bis nach Butzbach. Von dort führte sie nach Arnsburg, wo sie wiederum den Limes überquerte und als "Alte Heerstraße" Richtung Thüringen führte.

Was mich an dieser Strecke am meisten fasziniert, während sich nach starken Regenfällen auf heutigen Waldwegen das Wasser staut und große Pfützen bildet, war diese Römerstraße, wie ich bereits mehrfach erleben durfte, selbst während des Regens begehbar und in relativ kurzer Zeit wieder trocken. Dies liegt an dem typischen Aufbau der Römerstraßen d.h. den mehrfachen Schichten und den Böschungen, während die Breite der Straßen und das Baumaterial varierten, da in der Regel die Baumaterialen verwendet wurden, die vor Ort vorhanden waren.

Aufbau von Römerstraßen

An dieser Stelle möchte ich gerne den typischen Aufbau einer Römerstraße von der Webseite www.coh-ii-raet.de zitieren:

Eine römische Straße hatte einen bis zu 1 Meter starken Straßenkörper. Dieser bestand aus mehreren Schichten. Als Untenbau diente gestampfter Lehm. Darüber kam das statumen, eine Schicht aus Kalkstein mit Mörtel zur Verfestigung. Die nächsten Schicht (ruderatio) bestand aus faustgroßen Kieseln und darüber kam eine weitere Schicht aus nussgroßen Kieseln (nucleus). Vor allem auf den wichtigsten Fernstraßen, auf Steigungen oder Abschnitten, die besonders gegen Witterungseinflüsse geschützt werden sollten, wurde der Straßenkörper mit einer Schicht aus Kopfsteinpflaster oder aus sauber gearbeiteten Steinplatten abgeschlossen. Ansonsten bestand die Deckschicht aus grobem festgewalztem oder gestampftem Kies oder Sand. Zu den Seiten hin war die Fahrbahndecke abgerundet, so dass das Oberflächenwasser schnell in die seitlichen Regenrinnen abfließen konnte. An Hängen herunterlaufendes Wasser wurde mittels Kanälen unter den Straßen durchgeleitet, um unkontrolliertes Unterspülen der Straßen zu verhindern.

www.coh-ii-raet.de

Solch ein idealtypischer Aufbau von bis zu 1 Meter darf in unserem Fall - einer Straße in einer weit entfernten Provinz - nicht erwartet werden. Folgende Abbildung entspricht daher eher der vorliegenden Situation.

Aufbau einer Römerstraße (Zeichnung aus einem Artikel von Karl Dettling)

Während sich häufig die darunter liegenden Schichten bei unserem Weg nur erahnen lassen, gibt es einige Steigungsstrecken, wo die oberen Schichten im Laufe der jahrhunderte langen Nutzung abgetragen wurden.

Bild

Im Steigungsbereich westlich von Maibach kann man sehr schön die senkrecht aufgestellten Steine aus dem statumen erkennen.

Spätere Nutzung im Mittelalter

Im Mittelalter wurde diese Strecke für Fahrten zur Leipziger Messe verwendet. Daher ist sie bis heute unter dem Namen "Leipziger Straße" bekannt. Nördlich von Hungen traf eine weitere befestigte Römerstraße von dem Kastell in Inheiden kommend auf unsere Römerstraße. Da beide Strecken im weiteren Verlauf gemeinsam verliefen, handelt es sich bei der in Butzbach überlieferten "Leipziger Straße" und der in Hungen bekannten "Leipziger Straße" um zwei unterschiedliche Zuführungen für die gleiche Wegroute.