Mittelalterliche Handelswege in Thüringen und Sachsen

Das Altwegesystem in Thüringen wurde sehr stark geprägt durch das Thüringer Becken, einer Beckenlandschaft im zentralen Teil Thüringens umgeben von den Höhenzügen des Thüringer Waldes, Hainich, Oberes Eichsfeld und der Hainleite.

Das Westthüringer Berg- und Hügelland entwässert fast vollständig zur Werra und bildete die natürliche Voraussetzungen für mehrere bedeutende Ost-West-Verbindungen. Neben der Hörsel, die westlich von Eisenach in die Werra fließt, bildete die Thüringer Pforte, ein Durchbruch der Unstrut bei Sachsenburg (nordöstlich von Weißensee), einen natürlichen Zugang zum Thüringer Becken.

Der bedeutendste Fluss im Thüringer Becken ist die Unstrut. Weitere Flußläufe sind die Gera, die Saale, die Wipper und die Helme. 

Mittelalterliche Handelswege im Einzugsgebiet der Saale (eigene Karte)

Via Regia / Via Regia Lusatiae superioris / Hohe Straße

Frankfurt - Eisenach - Erfurt - Leipzig - Breslau

Die bedeutendste Straße in Ost-West Richtung war die Via Regia, die aus dem Pariser Raum kommend über das Rhein-Main-Gebiet sowie Thüringen und Sachsen nach Schlesien führte. Sie wurde auch "Hohe Straße" bzw. "Via Regia Superior", in Abgrenzung der etwas nördlicher verlaufenden "Niederen Straße" genannt, die jedoch nie die Bedeutung der Hohen Straße erreichen konnte. Hohe Bedeutung erlangte sie als Geleitstraße zu den Messen in Frankfurt und Leipzig.

Sie führte vom Rhein kommend über Frankfurt, Gelnhausen und das Kinzigtal nach Fulda. Von dort über die Furt bei Vacha nach Eisenach und Erfurt, nördlich an Weimar vorbei durch die Saalepforte bei Naumburg nach Leipzig. Von dort zog sie  über die Elbefurt in Merschwitz, an Goltzscha vorbei und über Großenhain, Bautzen, Görlitz bis nach Breslau. Über die Via Regia konnte man weiter nach Posen und Lublin, nach Krakau und Lemberg und schließlich nach Kiew und Preßburg gelangen.

Via Regia Lusatiae inferioris / Niedere Straße

Leipzig - Eilenburg - Torgau -  Spremberg - Sagan

Die Niedere Straße war eine Alternativroute zur Hohen Straße. Sie war nach der weiter südlich verlaufenden Via Regia superioris die wichtigste Verbindung von Sachsen nach Schlesien und Polen.

Via Imperii

Verona - Nürnberg - Leipzig - Stettin

Die Via Imperii ist eine der bekanntesten alten Fernhandelsstraßen und verlief in Süd-Nord Richtung von Verona (beziehungsweise von Venedig kommend) über den Brennerpass, Augsburg, Nürnberg und Leipzig zur Ostseeküste bei Stettin. Vorläufer der Via Imperii waren die alten Römerstraßen Via Raetia und Via Claudia Augusta. An der Kreuzung der Via Imperii mit der Via Regia entstand der Ort bei den Linden das heutige Leipzig. Hohe Bedeutung erlangte sie als Geleitstraße zu den Messen in Nürnberg und Leipzig.

Zwischen Nürnberg und Leipzig entstanden neben der Bergstraße von Leipzig über Altenburg (Via Imperii - weiter durch das Vogtland nach Plauen und über Hof, Münchberg, Gefrees und Bayreuth nach Nürnberg) weitere Routen, so die Judenstraße durch das Saaletal, die Route von Hof über Gefell und Gera und die alte Handelsroute über Eisenberg, Bürgel, Lobeda nach Kahla und Saalfeld.

Nürnberg - Erfurt - Lübeck / Nürnberg - Erfurt - Hamburg

Nürnberg - Bamberg - Coburg - Erfurt - Braunschweig - Lüneburg - Lübeck

Die große Süd-Nord-Verbindung Nürnberg - Erfurt - Hamburg hatte folgenden Verlauf: Nürnberg - Bamberg - Coburg - Eisfeld - Schleusingen, von dort als Leubenstraße über Suhl, als Frauenwaldstraße über Illmenau oder als Kahlertstraße über Eisfeld nach Erfurt (bedeutende Furt über die Gera - Standort der Krämerbrücke). Dort kreuzte sie die Via Regia und zog über Nordhausen, Braunschweig und Uelzen nach Lüneburg. In Lüneburg führte die Route über die alte Salzstraße in Richtung Ostsee nach Lübeck bzw. in nordwestliche Richtung nach Hamburg und weiter zur Nordsee.

Nürnberg - Eisenach

Nürnberg - Bamberg - Königshofen im Grabfeld - Meiningen - Eisenach

Die Handelsroute führte von der freien Reichsstadt Nürnberg entlang der Regnitz über Erlangen, Forchheim (keltisches Oppidum) zur fränkischen Kaiser- und Bischofstadt Bamberg. Von dort weiter über Hallstadt entweder entlang des Baunachtals oder auf dem Höhenweg über die Haßberge nach Bad Königshofen im Grabfeld (Siedlung ab dem 4. Jh.). Dort kreuzte die bedeutende Route von Würzburg nach Erfurt und es bestand Anschluss an den Ortesweg über Fulda nach Marburg. Weiter über Meiningen entlang der Werra, über Breitungen und Schweina - östlich der keltischen Salzsiederei und Solebad in Salzungen gelegen - nach Eisenach (Wartburg).

Alte Salzstraßen

Magdeburg - Cottbus - Breslau

Bereits in sorbischer Zeit verliefen wichtige Handelsrouten zwischen Franken und Sorben über Erfurt (Via Regia) und Magdeburg. Dabei war die Schlesische Straße von Magdeburg über Jüterbog, Dahme, Luckau, Vetschau, Cottbus, Forst, Sorau und Sagan nach Breslau für die Niederlausitz von besonderer Bedeutung.

Lübeck - Magdeburg - Halle - Prag

Bereits vor über 1.000 Jahren war die alte Salzstraße eine der wichtigsten Fernhandelsroute Deutschlands, welche von Lübeck über Lüneburg, Magdeburg sowie Halle und Leipzig, das Erzgebirge überquerend nach Prag und von dort weiter nach Italien führte.

So beschreibt Ibrahim ibn Jacub im Jahre 973 die "Alte Salzstraße" wie folgt:

"Der Weg von Magdeburg nach dem Land des Büyisläw: von dort (Magdeburg) nach der Burg Calbe sind es 10 Meilen und von da nach Nienburg 2 Meilen; das ist eine Burg aus Steinen und Mörtel gebaut, und sie liegt am Fluß Saale, in den der Fluß Bode mündet. Von der Nienburg bis zur Salzsiederei der Juden (Halle ?), welche ebenfalls an der Saale liegt, sind es 30 Meilen. Von da nach der Burg Würzen - sie liegt am Fluß Mulde ... und von da bis zum Rande des Waldes (Waldheim) 25 Meilen. Dieser mißt von seinem Anfang bis zu seinem Ende 40 Meilen und erstreckt sich über unwegsame Gebirge (Erzgebirge). Von dort bis zur hölzernen Brücke (Most/Brüx) über den Morast etwa 2 Meilen. Vom Ende des Waldes betritt man die Stadt Prag."

Zitiert nach: G. Jacob, Arabische Berichte von Gesandten an germanischen Fürstenhöfen aus dem 9. und 10. Jh.; Berlin-Leipzig 1927

Von den hallischen Salinen spannten sich weitere Salzstraßen in alle Himmelsrichtungen. Wichtige hallesche Salzstraßen waren neben der Böhmischen Straße über den Messestandort Leipzig, und der Holländischen Straße über Magdeburg, vor allem auch die Dessauer Straße. In der sumpfigen Fuhneniederung wurden fünf Übergänge nach Magdeburg und Dessau eingerichtet. Neben der Steinfurt bei Bobbau oder die Salzfurt bei Kapelle gehörte der "Radegaster Damm" zur alten Salzstraße von Halle über Zörbig nach Dessau und Berlin.     

Rennsteig

Hörschel (bei Eisenach) - Blankenstein - Hof

Rennsteig (wikipedia)

Der Rennsteig war ein uralter Weg, der über die Höhen des Thüringer Waldes führte. Im Gegensatz zu den Heerstraßen war der Rennsteig nur ein schmaler Lauf- bzw. Reitweg. Seine erste Erwähnung fand der Rennsteig als Rynnestig in einer am 10. August 1330 in Schmalkalden ausgefertigten Urkunde.

Hessenweg

Eschwege - Mühlhausen (Thüringen) - Memleben - Merseburg - Leipzig

Für Fernhandelswege in West-Ost-Richtung war der Hainich ein Hindernis, insbesondere wegen seines steilen Südwestabfalls. Der Aufbau von Passstraßen war nur dort möglich, wo Täler in den Kamm des Höhenzuges weit eingriffen und für flachere Gefälle bzw. Steigungen sorgten. So entstand am Nordrand der sogenannte Hessenweg. Über den Hessenweg wurde der Mühlhäuser Fernhandel abgewickelt. Die Fracht wurde für den Weitertransport auf der Werra in Wanfried auf Schiffe umgeladen. Eine weitere Hainich-Querung verlief zwischen Langula und Nazza. Der alten Trasse folgt heute in etwa die Landstraße nach Eisenach. Die Hohe Straße im südlichen Hainich war der von Bad Langensalza ausgehende Fernhandelsweg nach Westen mit Ausspanne am Ihlefeld. Zielpunkt war Mihla, wo bis ins 17. Jahrhundert hinein Bad Langensalzaer Waren auf Flussschiffe umgeladen wurden. In Eschwege bestand Anschluß über Kaufungen nach Kassel, die Lange Hesse über Waldkappel und Spangenberg nach Butzbach bzw. über Melsungen nach Fritzlar, Frankenberg, Allendorf, Biedenkopf, Dillenburg und von dort über den Westerwald an den Rhein in Höhe Neuwied/Koblenz. Weiterhin von Eschwege in Richtung Hersfeld über Sontra und Bebra (Pfalz Beitenbach).

Kurze Hesse

Grünberg - Alsfeld - Hersfeld - Berka - Eisenach

Die "kurze Hessen" verlief über Grünberg, Alsfeld, Hersfeld, Berka nach Eisenach (vgl. Mittelalterliche Handelswege in Hessen).

Lange Hesse

Butzbach - Treysa - Spangenberg - Wladkappel - Creuzburg - Eisenach

Die "lange Hessen" zog über Butzbach, Treysa, Spangenberg, Waldkappel, Creuzburg nach Eisenach (vgl. Mittelalterliche Handelswege in Hessen).

Frankenstraße

Bautzen - Dresden - Chemnitz - Zwickau

Seit dem 13. Jahrhundert wird die Straße von Bautzen, wo sie von der Via Regia abzweigte, über Bischofswerda, Dresden, Freiberg, Oederan, Chemnitz nach Zwickau, wo sie auf die Via Imperii traf, als Frankenstraße bezeichnet. Die Straße spielte eine bedeutende Rolle sowohl bei der Besiedlung Sachsens und Schlesiens im Rahmen der Ostsiedlung fränkischer Siedler, als auch unter dem Aspekt des Transportes der ergiebigen Erzfunde im Erzgebirge (1168 Silbererze in Freiberg, ab dem 12. Jahrhundert Zinnerze um Graupen und später Altenberg).