Mittelalterliche Straßen, die häufig auch als Heerstraßen, Heerwege und Königsstraßen (via regia) bezeichnet wurden, waren nicht nur Militär, Handels- und Pilgerstraßen, sondern zugleich Fernverbindungen zwischen großen, befestigten Städten. Sie waren keine ausgebauten befestigten Straßen, sondern nach heutigem Standard einfache Wege. War eine Spur nicht mehr nutzbar, entstanden rechts und links davon einfach neue. So entstand in der Regel ein ganzes Bündel von Spuren, die heute noch als parallele Hohlwege durch unsere Wälder ziehen und einem gemeinsamen Ziel entgegen streben. Eine Besonderheiten waren die alten, befestigten Römerstraßen, die nach Jahrhunderten der Benutzung und fehlender Instandsetzung gleichfalls in einem erbärmlichen Zustand waren. Da das Reisekönigtum aber auf diese Wege angewiesen war, wurden unterschiedliche Vorschriften erlassen, die von Freihalten der Wege von Bewuchs bis zur dürftigen Ausbesserung der Römerstraßen reichten. Entlang der Straßen entstanden neben Burgen, Klöster, Königspfalzen und Königshöfen auch einfache Herbergen und Stationen zur Versorgung der Pferde, sodass sich auf den weiten Strecken ein Mindestmaß an Infrastruktur für die Reisenden herausbildete.
Einen ersten guten Überblick über das mittelalterliche Straßen und Wegenetz geben die mittelalterlichen Pilgerwege. Auch wenn die Darstellung bei weitem nicht vollständig ist, befinden sich doch bereits eine Reihe wichtiger Handelswege auf ihr wieder, die eine erste Orientierung ermöglichen. Daher möchte ich die Darstellung an den Anfang stellen, bevor auf die einzelnen Handelswege im Detail eingehen werde.
Jakobswege (www.deutsche-jakobswege.de)
Nr. |
Jakobsweg |
Route |
1 |
Via Jutlandica |
Von Jütland über den Ochsenweg kommend verläuft der Weg bis nach Schleswig. Ab Schleswig gibt es zwei Alternativen: Einmal über Kiel nach Lübeck oder über Rendsburg nach Glückstadt und weiter nach Stade (etwas südlich davon verbindet er sich mit der Via Baltica). |
2 |
Via Baltica |
Die Via Baltica verläuft von Usedom kommend über Greifswald, Rostock und Wismar durch Mecklenburg-Vorpommern, dann in Schleswig-Holstein nach Lübeck und durch Hamburg, Bremen und Niedersachsen mit dem Ziel Osnabrück. |
3 |
Via Scandinavica |
Die Via Scandinavica verbindet die skandinavischen Länder mit den Jakobswegen in der Mitte und im Süden Deutschlands. Sie führt von Fehmarn über Lübeck, Lüneburg (alte Salzstraße) und Hannover bis Göttingen. In Creuzburg mündet der Weg in den Elisabethpfad ein, auf dem man westlich nach Marburg oder südlich nach Eisenach kommt. Von Eisenach geht's auf dem Pilgerweg nach Vacha und dann über Fulda nach Würzburg weiter. |
4 |
Rostock - Bad Wilsnack |
Der Baltisch Mitteldeutsche Weg führt von der Via Baltica ab Rostock erst in südwestlicher, dann in südlicher Richtung durch Mecklenburg und hat in Bad Wilsnack Anschluß an den Pilgerweg durch Sachsen-Anhalt. |
5 |
Brandenburg |
Die brandenburgischen Jakobswege führen von Frankfurt/Oder wahlweise nach Leipzig oder nach Berlin und Tangermünde. In Leipzig mündet der Weg in den Ökumenischen Pilgerweg, die Via Regia. |
6 |
Sachsen-Anhalt |
Von Bad Wilsnack kommen die Pilger vom Baltisch-Mitteldeutschen Weg nach Sachsen-Anhalt. In Tangermünde treffen sie auf den von Frankfurt/Oder kommenden Weg. Weiter geht es über Magdeburg. |
7 |
Westfalen |
Der Weg von Osnabrück bis Wuppertal-Beyenburg ist die Fortsetzung der Via Baltica. Vom Dom zu Osnabrück geht es über den Teutoburger Wald ins Münsterland und weiter nach Lünen und Dortmund ins Ruhrgebiet. Dann kommt der Pilger über das Bergisch-Sauerländische Gebirge nach Gevelsberg, Schwelm und schließlich nach Wuppertal-Beyenburg. Dort schließt sich der Rheinische Jakobsweg an, siehe Jakobswege Nordrhein. Ein zweiter Weg führt entlang des Hellwegs, einer wichtigen historischen Handels- und Pilgerstraße, von Höxter über Paderborn und Soest nach Dortmund. Dort mündet er in den Weg Osnabrück - Beyenburg. Ein weiterer Weg führt von Paderborn durchs Sauerland, das Oberbergische und Rheinisch-Bergische Land und mündet in Untereschbach in den Elisabethpfad und Jakobsweg von Marburg nach Köln. |
8 |
Via Regia |
Der Wegverlauf des Ökumenischen Jakobswegs orientiert sich am historischen Verlauf der Via Regia. Diese alte Handelsstraße wurde erstmals 1252 erwähnt, ihre Anfänge reichen in das frühe Hochmittelalter zurück. Man ist also auf alten Pfaden unterwegs. Der Weg beginnt in Görlitz und führt durch Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Weitergehen kann der Pilger dann von Eisenach über Marburg nach Köln oder von Vacha über Fulda nach Süddeutschland. |
9 |
Elisabethpfad |
Drei Elisabethpfade führen als Pilgerwege zur Grabkirche der heiligen Elisabeth in Marburg. Der Elisabethpfad (1) von Frankfurt nach Marburg Der Elisabethpfad (2) von Eisenach nach Marburg Der Elisabethpfad (3) von Köln nach Marburg |
10 |
Nordrhein |
Der östliche Weg führt von Wuppertal-Beyenburg über Köln nach Aachen und weiter nach Lüttich in Belgien. In Beyenburg kommen die Pilger aus Westfalen an. Der Pilgerweg führt sie durch das Bergische Land über Remscheid und Altenberg nach Köln. Über Brauweiler und Düren in der niederrheinischen Bördenlandschaft geht es durch das hügelige Vennvorland und über Kornelimünster nach Aachen. Weiter geht es nach Lüttich in Belgien und dann auf die französischen Jakobswege. Ein zweiter Weg beginnt in Dortmund und geht über Düsseldorf und Aachen nach Lüttich. Der Weg führt von Dortmund über Essen, Ratingen, Neuss, Jülich nach Aachen. Der dritte Weg ist der Rhein-Maas-Weg. Ausgehend vom niederländischen Millingen am Rhein führt er zunächst durch die deutschen Städte Kranenburg, Goch, Kevelaer und Straelen, dann geht es durch die niederländische Provinz Limburg über Venlo und Roermond nach Maasgouw. Es folgt Maaseik im belgischen Flandern, das niederländische Susteren, ein kurzes Stück auf deutscher Gemarkung bei Millen und wieder auf niederländischem Gebiet Sittard, Meerssen und schließlich Maastricht. Der letzte Abschnitt führt über Eijsden ins belgische Lüttich (Liège). |
11 |
Sächsischer Jakobsweg |
Der sächsische Jakobsweg führt entlang der mittelalterlichen Frankenstraße von Bautzen nach Hof. In Zwickau trifft die Frankenstraße auf die Via Imperii, die gleichfalls nach Hof führt. In Hof kann es dann weiter gehen auf dem Jakobsweg durch Oberfranken. |
12 |
Zittauer Jakobsweg: Görlitz - Prag |
Der Zittauer Jakobsweg ist der südliche Teil der Pilgerroute zwischen Gnesen und Prag und verläuft über Görlitz und Zittau. |
13 |
Via Imperii: Stettin - Hof |
Neben diesen beiden Wegen führt ein weiterer Jakobsweg durch Brandenburg, der dem Verlauf der alten Reichsstraße "Via Imperii" folgt. Von Stettin kommend führt er über Berlin nach Leipzig und dann durch Sachsen und Thüringen weiter ins oberfränkische Hof. |
14 |
Erfurt - Coburg |
Der Weg verläuft von Erfurt über Arnstadt, Paulinzella, Königsee, Neuhaus am Rennsteig bis zum Dreistromstein auf dem Rennsteig (Wasserscheide von Weser, Elbe und Rhein) und führt weiter über Coburg nach Nürnberg. |
15 |
Vacha - Fulda - Würzburg |
Die Strecke verläuft von Fulda über Schweinfurt nach Würzburg. Von Würzburg kann es dann weitergehen Richtung Ulm und damit wird dann der Anschluss geschafft an die Wege Richtung Bodensee und Schweiz. Oder man biegt in Rothenburg o.d.Tauber Richtung Rottenburg a.Neckar ab, um Richtung Elsass weiter zu gehen. |
16 |
Fulda - Mainz - Trier |
Der Jakobsweg von Fulda nach Frankfurt am Main und weiter nach Trier orientiert sich am historischen Fernhandelsweg Leipzig - Frankfurt a.M. und ist ein Abschnitt der Via Regia. Von Bingen bis Trier ist man auf dem sogenannten Ausoniusweg unterwegs. |
17 |
Lahn-/Mosel-/Eifel-Camino |
Der Jakobsweg durchs Lahn- und Moseltal ist für Pilger, die aus Mittel- und Ostdeutschland kommen, die kürzeste Verbindung nach Trier. Der Lahn-Camino führt von Wetzlar bis Lahnstein am Rhein. Zubringer ist der Elisabethenpfad, der von Eisenach nach Marburg und Wetzlar führt. Von Koblenz-Stolzenfels führt der Mosel-Camino weiter nach Trier. |
18 |
Köln - Trier - Metz |
Er führt von Köln über Trier nach Metz. Ein weiterer Weg aus Bonn mündet bei Bad Münstereifel ein. Gemeinsam durchquert der Weg die Eifel und erreicht Trier, die älteste deutsche Stadt. Dann geht es zwischen Mosel und Saar über den Höhenrücken des Saargaus nach Perl am Dreiländereck von Deutschland, Frankreich und Luxemburg. Auf dem französischen Jakobsweg geht es weiter nach Metz. |
19 |
Oberfranken |
Im Mittelalter gab es von Mitteldeutschland her zwei Hauptverbindungswege nach Nürnberg: Die Geleitstraße von Erfurt über Coburg und Bamberg nach Nürnberg und die von Leipzig kommenden Reichsstraße Via Imperii über Hof und Bayreuth nach Nürnberg. Ab Nürnberg geht es dann weiter über Ulm in Richtung Bodensee nach Einsiedeln in der Schweiz. |
20 |
Prag - Tillyschanz - Rothenburg |
Vom Zittauer Jakobsweg kommend gab es in Prag zwei Möglichkeiten: Einmal die Südvariante nach Regensburg oder über die hier beschriebene Nordvariante über Tillyschanz nach Nürnberg und weiter nach Rothenburg ob der Tauber. Von dort aus kann man weitergehen nach Rottenburg am Neckar und dann nach Thann im Elsaß. |
21 |
Rothenburg - Speyer |
Einer der Hauptrouten war von Prag über Nürnberg und Rothenburg nach Speyer zu kommen, um dann über Metz oder Straßburg nach Vezelay und schließlich nach Santiago de Compostela zu pilgern. Dieser Weg orientiert sich an der sogenannten ehemaligen Hohen Straße, zwischen Jagst und Kocher, die in frühgeschichtlicher Zeit ein Fernverbindungsweg war. |
22 |
Pfalz und Elsass |
Die Nordvariante führt von Speyer über Neustadt an der Weinstraße zum Kloster Hornbach, die Südvariante über Landau und Bad Bergzabern ebenfalls nach Hornbach. Über Hérapel, einer ursprünglich keltischen Siedlung geht es weiter nach Metz. Vom südlichen Pfälzer Weg kann man in Bad Bergzabern abzweigen in Richtung Wissembourg, Straßburg und Thann |
23 |
Prag - Regensburg - Donauwörth |
Der Weg führt von Prag über Eschlkam, Regensburg und Kehlheim nach Donauwörth. |
24 |
Nürnberg - Bodensee - Einsiedeln |
Startpunkt des Jakobswegs Nürnberg bis zum Bodensee ist die schon im Mittelalter wichtige Pilgerstation Nürnberg. Sie lag im Schnittpunkt verschiedener alter Pilgerwege. In Nürnberg kommt der Weg von Prag über Tillyschanz bis nach Rothenburg o.d.T. durch. Aus nördlicher Richtung kommen die Wege von Hof bzw. Coburg an. Der Jakobsweg Richtung Konstanz verläuft zunächst landschaftlich abwechslungsreich durch das fränkische Hügel- und Seenland über Gunzenhausen (am Altmühlsee) nach Oettingen. Dort gibt es die Möglichkeit, auf den Augsburger Weg Richtung Bregenz zu wechseln. Dann geht es über das Nördlinger Ries. (In Neresheim kann man auf den Göppinger Jakobsweg Richtung Frankreich abzweigen.) Man erreicht das Donautal und die Münsterstadt Ulm. Auch Ulm war im Mittelalter eine wichtige Zwischenstation für die Pilger. Weiter durch Oberschwaben und viele Obstanbaugebiete geht es zum Bodensee. Von Konstanz folgt man dem sogenannten Schwabenweg nach Einsiedeln und dann geht es weiter Richtung Genf und Frankreich. |
25 |
Würzburg - Rothenburg - Ulm |
Der fränkisch-schwäbische Jakobsweg von Würzburg über Rothenburg o.d.T. nach Ulm führt durch das schöne Maintal mit seinen Weinhängen und kommt bei Rothenburg o.d.T. ins Taubertal. Dann geht es durch Hohenlohe nach Crailsheim, übers Jagst-, Kocher- und Remstal und nach einem steilen Aufstieg zum Himmelreich über die Schwäbische Alb nach Ulm ins Donautal. |
26 |
Rothenburg o.d.T. - Rottenburg a.N. |
Der Weg führt von Rothenburg o.d. Tauber über Schwäbisch Hall, Winnenden, Esslingen und Tübingen nach Rottenburg am Neckar. |
27 |
Rottenburg - Burgundische Pforte |
Der Weg startet am Neckar, geht hinauf nach Loßburg und entlang des Kinzig- und Elztals über den Schwarzwald bis nach Freiburg. |
28 |
Südostbayerische Jakobswege |
Der "Voralpine Jakobsweg" führt in Ost-West-Richtung von Salzburg nach Peißenberg. Von dort kann man auf dem Münchner Jakobsweg weiter gehen. Der "Jakobsweg Böhmen - Bayern - Tirol" führt vom tschechischen Krumau in südwestlicher Richtung über Rosenheim nach Breitenbach in Tirol. |
29 |
Augsburger Jakobsweg |
Den Augsburger Jakobsweg durch Bayerisch-Schwaben erreicht man vom Jakobsweg Nürnberg-Konstanz (der weiter über Ulm bis an den Bodensee führt) in Oettingen oder vom Osten her über den Ostbayerischen Jakobsweg, der von der tschechischen Grenze bei Eschlkam über Regensburg und Eichstätt nach Donauwörth verläuft. Beginn ist in dem vom Mittelalter geprägten Städtchen Oettingen. Bis zur Fuggerstadt Augsburg über Wemding, Harburg und Donauwörth sind es ca. 100 km. Kurz nach Augsburg kann man zwischen zwei Alternativen wählen, die eine Richtung Memmingen, die andere in Richtung Kempten. |
30 |
Münchner Jakobsweg |
Von der bayerischen Hauptstadt München durchs herrliche Allgäu führt der Weg nach Bregenz. Der Starnberger See, der Ammersee und das Kloster Andechs liegen auf dem Weg. |
31 |
Göppinger Jakobsweg |
Der Göppinger Jakobsweg ist eine Querspange, die den Weg Nürnberg - Ulm - Bodensee und den Weg Würzburg - Ulm mit dem Weg Rothenburg - Rottenburg verbindet. Sie führt von Neresheim über Bargau nach Göppingen und mündet in Bodelshofen in den Jakobsweg Rothenburg - Rottenburg ein. |