Es wird immer wieder dargestellt, dass der Streckenverlauf des Limes im Taunus, der Tatkraft der römischen Legionen zu verdanken sei, die Schneisen in die germanischen Wälder geschlagen hätten. Ohne die hervorragenden Leistungen der Römer zu schmälern, muß an der Stelle erwähnt werden, dass der Streckenverlauf bereits über Jahrhunderte als Fernweg über Hunsrück, Taunus und Vogelsberg Bestand hatte. Er ist Bestandteil eines übergeordneten vorgeschichtlichen Fernweges, der von Paris, über Reims, Luxemburg, Trier, den Hunsrück-Höhenweg, den Taunus-Höhenweg, über den Vogelbergs und Thüringen bis an die Elbe führte. Südlich davon verlief die Route von Metz über Merzig, Otzenhausen und Bundenbach, die sich beide nach dem Rheinübergang im westliche Taunus trafen.
Nach ihrer Vereinigung verliefen sie gemeinsam als Taunus-Höhenweg entlang der späteren Standorte der Kastelle Alteburg/Heftrich, Feldberg und Saalburg bis zur Kapersburg.
Östlich der Kapersburg splitte sich der Weg in eine nördliche Route, die über Friedberg, Rödgen und Echzell weiter über den Vogelsberg nach Eisenach führte und eine leicht südlich davon laufende Route in Richtung Glauberg, die als Via Antiqua gleichfalls über den Vogelsberg über Fulda-Kämmerzell nach Eisenach führte.
Entlang des vorgeschichtlichen Fernweges lagen wichtige bronzezeitliche und keltische Siedlungen u.a. Lutetia (Paris), Oppidum Titelberg (Luxemburg), die Hauptstadt der Treverer (das spätere Trier), Belginum (kontinuierliches Gräberfeld über 800 Jahre von der Hunsrück-Eifel-Kulter über die Latene-Zeit bis zum 4 Jhd. nach Chr.), das Oppidum Altkönig, das Oppidum Heidetränk, Ringwallanlage Bleibeskopf, Ringwall Gickelsburg, Ringwall Johannesberg und die keltische Siedeanlagen zur Salzgewinnung in Nauheim, der keltische Fürstensitz am Glauberg, Maberzell (Schiebberg), Hünfeld-Mackenzell (ältere Hallstattzeit), Stallberg bei Kirchhasel, Kleinberg bei Rasdorf, Wallanlage auf dem Öchsen südlich von Vacha, Eisenacher Burg (eisenzeitliche Funde), Mittelberg (Himmelsscheibe von Nebra ca. 2000 v. Chr), eisenzeitliche Siedlung in Wennungen bei Halle und die Salzsiederei in Halle.
Fast alle Ringwälle und keltische Oppida im Taunus wie z.B. Altkönig, Heidetränk, Bleibeskopf und Gickelsburg befinden sich etwas südlich des Taunus-Höhenkamms. Die Topologie ermöglicht jedoch keinen durchgehenden Höhenweg direkt auf dem Kamm bzw. südlich davon. Mit Ihrer Lage war jedoch jederzeit die Kontrolle über den ca. 2 km nördlicheren Handelsweg gegeben.
Alternativ zur Via Ausonia bestand im Hunsrück eine südlichere Route über Hilscheid (keltische Ringwallanlage Röderberg) - Allenbach (keltische Wallanlage auf dem Ringskopf) - Kempfeld (Wallanlage Wildenburg) - Oppidum Bundenbach - Gemünden (Alteburg) zum Rhein.
Die Informationstafeln am Taunus-Limes verschweigen diese Vergangenheit. Es wird leider wieder das alte und sehr einseitige Bild bedient, dass die Römer erst Schneisen in die dichten Wälder schlagen mußten, um ihr Vorkommen zu sichern.
Infotafel am Feldbergkastell (eigenes Foto)
Das auf vielen Schautafeln dargestellte 4-Phasen Modell ist insoweit für den obergermanisch-rätischen Limes nicht korrekt, da bis auf den vorderen Odenwaldlimes, wo von den Römern nachweislich eine über 50 km kerzengerade Schneise für den Limes gerodet wurde, fast alle anderen Limes-Strecken bereits vorhandene Höhenwege nutzten.
Gerade in den von den Kelten besiedelten Gebieten bestand ein umfangreiches Wege- und Handelsnetz. Wie neuere Forschungen belegen, wurden zu diesem Zweck bereits von den Kelten hölzerne Brücken über Bachläufe errichtet und Bohlenwege durch Moore angelegt. Von der Mobiltät der Kelten zeugen insbesondere die vielen Wagengräber u.a. die Fürstengräbern von Bell und Hochdorf.
Die Römer nutzen - wie auch in Gallien - die vorhandene Wege-Infrastruktur für ihre Feldzüge und bauten diese mit der Zeit aus. Von der Kapersburg führte ein alter Weg Richtung Norden, der über die Taunus-Höhen westlich von Butzbach bis nach Waldgirmes führte und auf dem Teilstück Kastell Kapersburg - Kleinkastell Hunnenkirchhof später vom Limes überbaut wurde.
Neben der vorgeschichtlichen Nutzung durch die Kelten, kann von einer Nutzung dieser Wege während der Zeit des römischen Engagement in Waldgirmes und Rödgen (Kreuzung des oben gennanten Hunsrück-Taunus-Vogelsberger Fernweges mit den Routen Mainz-Echzell bzw. Glauberg - Butzbach) bis 9 n. Chr. ausgegangen werden. Dieses lag zeitlich jedoch rund 80 Jahre vor dem Engagement von Kaiser Domitian und dem damit verbundenen Limes-Ausbau.