Warum wurde der Limes von den Römern nicht einfach von Bad Ems geradlinig nach Ehrenbreitstein geführt, sondern über einen riesigen Umweg bis nach Bad Hönningen?
Einer der Gründe lag an der besonderen Wegesituation in und um Bad Hönningen.
In Höhe von Bad Hönningen trafen bzw. kreuzten sich folgende Straßen und Wege:
Darüber hinaus beschützte der Limes einen strategisch wichtigen Rheinübergang in Neuwied südlich von Bad Hönningen, der auf einem vorgeschichtlichen Handelsweg vom Mittelmeer an die Norsee lag, der sogenannten Marseiller Straße.
Von der Meeresküste bei Marseille lief ein großer vorgeschichtlicher Handelsweg nach Norden durch das Rhone- und Saonetal über die Hochfläche von Langres und durch das Moseltal nach Metz. Von da dem linken Ufer der Mosel entlang an Trier vorbei durch das Tal abwärts bis Cochem, wobei die starken Flusskrümmungen über die Berge abgeschnitten wurden. Bei Cochem verließ die Straße das Moseltal, und lief über die Höhe nach Neuwied am Rhein, wo sie den Fluss überschritt. Dann führte sie in gerader nördlicher Richtung über die Hochfläche nach der Sieg, die sie bei Schladern überschritt. Hierauf zog sie, im Allgemeinen die nördliche Richtung beibehaltend und die in dieser Richtung verlaufende Gebirgstäler benutzend, nachdem sie oberhalb Altena die Lenne überschritten, bis Iserlohn, worauf sie bei Langschede über die Ruhr setzte. Von da ging der Weg weiter über die Hochfläche nach Unna, und zuletzt durch die norddeutsche Ebene, nachdem er bei Werne die Lippe überschritten, über Münster, Ibbenbüren, Marren und Frisoythe, sodann am Zwischenahner Meer vorbei und mit Umgehung der dortigen Moore, nach dem Jadebusen und der Wesermündung - vielleicht auch noch über die Elbe bis zur Ostsee bei Eckernförde.
Prof Dr. J. Schneider
Es wird angenommen, dass auch Caesar während seines Vorstoßes in das rechtsrheinische Germanien diesen Rhein-Übergang nutze.
Cäsars Truppen begannen im Frühsommer des Jahres 55 v. Chr. in nur zehn Tagen eine Rheinbrücke zu bauen. Die Holzbrücke war 400 m lang und überquerte den an dieser Stelle sechs Meter tiefen Strom zwischen den heutigen Städten Andernach und Koblenz.
1885 wurden im Rhein bei Neuwied Eichenpfähle aus dem Fluss geborgen, deren Alter auf Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. bestimmt werden konnten.
Die Marseiller Straße (grün dargestellt) verlief auf den Höhen östlich der Wied und kreuzte den Limes nordöstlich des Kastells Nieder-Bieber. Das Kastell Niederbieber ist ein römisches Grenzkastell des Obergermanischen Limes, das seit 2005 den Status eines UNESCO-Weltkulturerbes besitzt. In antiker Zeit lag es unmittelbar hinter dem in nur rund 150 m nordwestlich das Lager passierenden Limes an einer Stelle, an der mehrere Wege von Norden her in das Neuwieder Becken eintraten. Es trat an die Stelle des nur wenige Kilometer rheinwärts gelegenen Kastells Heddesdorf und war in der folgenden Jahrzehnten das größte und am stärksten befestigte Auxiliarkastell des nördlichen Limesabschnitts.
Kommen wir zu Bad Hönningen zurück, so fällt eine Route besonders auf - nämlich die Römerstraße, die von Roermond über Jülich und Düren nach Sinzig führte. Auf dem Teilstück Düren – Sinzig bildete sie den Vorläufer einer Straße, die im Mittelalter unter dem Namen Aachen-Frankfurter Krönungsstraße Berühmtheit erlangte.
In Jülich vereinigte sie sich mit einer Römerstraße, die von Nijmegen über Ceucium, Blariaco, Venlo, Brüggen nach Jülich führte. Das Teilstück Nijmegen – Ceucium – Blariaco ist auf der Tabula Peutingeriana abgebildet.
Das Teilstück Venlo – Jülich verlief westlich von Mönchtengladbach.
Nach der Rheinüberquerung in Höhe von Bad Hönningen führte die Route durch den Limes geschützt bis zum Kastell Arzbach. Dort überquerte sie den Limes und verlief bis Limburg. Dort splitte sich der Weg in Richtung Feldberg Kastell oder über Usingen in Richtung Saalburg über die Lange Meile zur Römerbrücke in Bürgel und von dort über Stockstadt a.M. und Miltenberg dem vorderen Odenwaldlimes entlang über Lorch nach Kempten.
Eine weitere Route verlief über die Wetterau (Kapersburg und Marköbel) und die Birkenhainer Straße in Richtung Gemünden am Main und von dort bis Prag (Zavist).
Teile der Strecke sind vorrömischen Ursprungs andere wurden von den Römern ausgebaut (Limes zwischen Hönningen und Arzbach und Römerstraße Kapersburg – Marköbel).
Eine Streckenführung vor dem Limes wäre bis vor kurzem undenkbar gewesen. Mit den römischen Funden in Limburg, Waldgirmes, Dorlar und Nieder-Weimar jedoch findet derzeit eine Neubewertung des römischen Engagement in Germanien statt. So liegen die zwei in 2012 gefunden Kastelle in Limburg an der Wegstrecke. Auch das römische Militärlager in Oberbrechen steht in unmittelbaren Zusammenhang mit der genannten Route.
Neben dem Schutz eines bedeutenden Rheinüberganges in Neuwied, der auf der uralten Handelsroute von Marseille an die Nordsee lag und bereits von Cäsars Truppen verwendet wurde, liegt in Bad Hönningen eine ganz besondere Altwege-Situation vor.
Mit der Rheintal-Route und dem Mauspfad verliefen zwei wichtige Handelsrouten rechts- und linksseitig des Rheins. Der von der Briloner Hochebene kommende Rothaarsteig und von Marburg kommende Westerwaldsteig überquerten bei Hönningen den Rhein und setzten sich auf der anderen Seite als Grenzweg zwischen Germania superior und Germania inferior fort. Die Römerstraße Düren – Sinzig als Vorläufer der Aachen-Frankfurter Krönungsstraße findet ihre Fortsetzung u.a. in der rechtsrheinischen Route über Limburg, Wetterau und Birkenhainer Strasse bis nach Gemünden am Main. Dort bestand Anschluß an die Hohe Straße nach Prag (Zavist).