Während viele Altwege über die deutschen Mittelgebirge ziehen, sind diese in der Rhön eher rar gesäht. Dies liegt an den angrenzenden Flußsystemen, die zur Ausbildung von Handelswegen besser geeignet waren. So führte westlich der Rhön die Antsanvia entlang der Lüder und die Via Regia entlang der Kinzig nach Fulda und über Hünfeld und die Werra-Furt bei Vacha weiter nach Eisenach, nördlich der Rhön ein Handelsweg entlang des Werratals von Fritzlar kommend über Hersfeld und Salzungen, östlich der Rhön entlang der Werra der Handelsweg von Nürnberg über Meiningen nach Eisenach, süd-östlich der Rhön entlang der Fränkischen Saale und der Streu der Handelsweg über die Königspfalz in Salz, entstanden am Kreuzungspunkt mit dem Ortesweg, und weiter östlich der bedeutende Handelsweg von Würzburg über die Pfalz in Königshofen im Grabfeld nach Erfurt. Und natürlich südlich der Rhön auf den Höhen südlich der Fränkischen Saale die Hohe Straße nach Prag, die in Verbindung mit der Birkenhainer Straße (Frankfurt – Hanau - Gemünden) eine direkte Verbindung zwischen dem Rhein-Main-Gebiet und Böhmen bildete. Somit waren fast alle wichtigen Routen bereits abgedeckt, wäre nicht die Stadt Fulda, die ein strahlenförmiges Wegesystem auch über die Rhön ausbildete.
Handelswege in der Rhön
Die wichtigste Route bildete der Ortesweg, der bereits in der Gründungs-Sage des Klosters Fulda namentlich erwähnt wurde und vom Marburger Raum über Fulda ins Grabfeld führte, von dort Anschluss an den Höhenweg über die Haßberge hatte und somit eine durchgängige Verbindung von Fladern über Köln und Marburg (Brabanter Straße) weiter über Fulda und das Grabfeld nach Bamberg (fränkische Kaiser- und Bischofsstadt) und entlang der Pregnitz über Nürnberg (Nürnberger Burg) nach Regensburg hatte. Dort bestand Anschluss an die Donau-Süd-Straße über Passau, Wien, Budapest bis zur Donaumündung.
Frühe Routen bildeten sich von und zu dem keltischen Oppidum Milseburg – in Ost-West-Richtung von dem keltischen Siedlungsgebiet an der Fulda über die Milseburg zur Steinsburg bei Römhild und von der keltischen Siedlung in Hünfeld-Mackenzell über die Milseburg in süd-östliche Richtung über die Wasserscheide der Wasserkuppe zum Ortesweg mit dem bereits oben beschriebenen Handelsweg zum Schwarzen Meer. Vom keltischen Ringwall bei Kämmerzell bestand eine Route entlang des Biebertals zur Milseburg.
Eine wichtige Route, die ebenfalls schon in keltischer Zeit genutzt wurde, führte vom Neckar kommend (kelt. Fürstensitz am Hohenasperg) über Bad Wimpfen (Odenwaldlimes und Hohe Straße nach Nürnberg) entlang des Mains (Wertheim, Kelt. Ringwall und früh-mittelalterliches Kloster in Neustadt, Gemünden) und der Sinn (Hochstraße nach Zeitlofs) nach Fulda und weiter zur keltischen Siedlung in Hünfeld-Mackenzell. Ein Abzweig von Gemünden über Kreuzberg, Bischofsheim und die Lange Rhön weiter über Salzungen nach Eisenach erscheint sinnvoll.
Zwei Besonderheiten bildeten die Fulda-Furten in FD-Bronnzell und FD-Kämmerzell, erste im Zusammenhang mit dem Ortesweg, letztere im Zusammenhang mit der Antsanvia. Ursprünglich führten beide Wege an Fulda vorbei. Während der Hauptstandort des Klosters in Fulda lag, wurden an den Furten in Bronnzell und Kämmerzell kleinere Mönchs-Zellen angelegt. Die regionale Erschließung erfolgt somit über die uralten bereits vorhandenen Handelswege in dem zum Kloster gehörigen Gebiet (Karlmann-Schenkung an das Kloster Fulda). Später wurde mit wachsender Bedeutung der Stadt Fulda der Umweg über diese sinnvoll. Damit verlagerte sich der Handelsverkehr von der bereits von den Kelten genutzten Antsanvia (Fürstensitz am Glauberg und Ringwall zum Schutz der Furt in Kämmerzell), d.h. der ursprünglichen Route über den hohen Vogelsberg, auf die südlichere Route entlang der Kinzig, der sogenannten Kinzigtalstraße - ein Teilstück der Via Regia von Paris über Trier, Mainz, Frankfurt, Fulda, Eisenach, Erfurt und Leipzig nach Schlesien.
Auf einen Weg möchte ich noch detaillierter eingehen: Neben dem oben beschriebenen überregionalen Fernweg von der Nordsee zum Schwarzen Meer, der direkt über die Rhön führte und auf diesem Teilstück als Ortesweg bekannt ist, kreuzte in der westlichen Rhön eine bedeutende Nord-Süd-Route, die von Norditalien zur Nord- und Ostsee führte. Von Italien her kommend gab es mehrere Routen, die sich in Memmingen vereinigten und über Würzburg nach Fulda führten. So führten von Mailand mehrere vorrömische Routen, die später von den Römern ausgebaut wurden, über die Via Mala, den Septimer bzw. Majola -> Julierpass nach Chur und von dort entlang des Rheintals über Bregenz nach Memmingen. Zwei weitere Routen kamen von der Via Claudia Augusta über Landeck bzw. von der Via Raetia (Brennerroute zur Römersiedlung in Innsbruck-Wilten) über Füssen und Kempten nach Memmingen. Dort vereinigten sich die Routen und führten entlang der Iller nach Ulm. Von dort gab es zwei Möglichkeiten die Schwäbische Alb zu überwinden. Entweder über die Geislinger Steige (Römerstraße nachgewiesen) in den Neckar-Raum bei Stuttgart oder eben das Brenztal als natürlicher Übergang über die Schwäbische Alb. An dieser Route entstanden Heidenheim und Aalen (großes Römerkastell). In Ellwangen splittete sich die Route und führte entlang der Jagst über Crailsheim weiter nach Mergentheim bzw. entlang des Taubertals über Rothenburg ob der Tauber und vereinigten sich wieder in Würzburg. Entlang des Mains über Karlsburg (Schenkung von Karlmann 741/742 – Königshof und Kloster) nach Gemünden und die Hochstraße östlich der Sinn nutzend oder über Hammelburg und Fulda führte der Weg nach Hersfeld. Von Hersfeld aus bieten sich vier Routen in Richtungen Norden an: Die erste führt über Homberg (Efze), Fritzlar (nicht umsonst missionierte Bonifatius in Fritzlar, Hersfeld und Fulda) und Korbach ins Ruhrgebiet (Soest) mit Anschluss an Routen über Münster und Lingen zur Ems-Mündung bzw. in nord-westliche Richtung über Hamm, Dülmen, Coesfeld, Zutphen nach Amsterdam. Die zweite Route führte über Kassel, Warburg, Paderborn (gemeinsam mit dem Bremer Weg) bzw. über Hofgeismar, Höxter, Hameln nach Minden und Bremen. Die dritte Route führte über Bebra, Sontra, Eschwege, Sooden-Allendorf nach Göttingen und Northeim. Hier entscheidet sich, ob man die Route Richtung Nordsee oder Ostsee einschlagen möchte. Die Nordsee-Route führte über Bad Gandersheim (Stammburg der Ottonen), Hildesheim (St. Michael) und Hannover in Richtung Verden - > Bremen bzw. über Soltau nach Hamburg. Die Ostsee-Route führte über Salzgitter -> Braunschweig -> Uelzen -> Lüneburg auf der alten Salzstraße nach Lübeck. Die vierte Route führte von Eschwege aus durch das Thüringer Becken und den Harz über Nordhausen und Quedlingburg nach Magdeburg und Rostock. Zur Vollständigkeit halber sei noch die Kurze Hesse von Butzbach über Grünberg, Alsfeld nach Hersfeld und Eisenach genannt.
Die Via Regia, der Ortesweg und die gerade beschriebenen Nord-Süd-Routen unterstreichen die Bedeutung des Kloster Fulda und der Königspfalz sowie des Klosters in Hersfeld im früh-mittelalterlichen Wegenetz.